Heimische Mitglieder live beim historischen AfD-Bundesparteitag – Frauke Petry vereinigt 60 Prozent der Stimmen auf sich
Essen / Ostwestfalen-Lippe (mbb). Außergewöhnlich stark vertreten gewesen ist der AfD-Bezirksverband Detmold beim jüngsten außerordentlichen Bundesparteitag der Alternative für Deutschland in der Essener Grugahalle. Alle sieben Kreisverbände aus Ostwestfalen-Lippe hatten zahlreiche Mitglieder entsandt, die den unerträglichen Temperaturen trotzten und bis zum Schluss ausharrten. Bei der entscheidenden Wahl für das Bundessprecher-Amt kam Frauke Petry auf 2.047 von 3.412 gültigen Stimmen (60 Prozent), während sich Vorgänger Bernd Lucke mit 1.301 Stimmen (38,2 %) begnügen musste. Der überwältigende Anteil der fast 80 Teilnehmer aus OWL hatte diesen Trend unterstützt.
Frauke Petry stellte gleich eingangs fest, dass der von Bernd Lucke aus der Taufe gehobene „Weckruf“ nicht mit der AfD-Mitgliedschaft vereinbar sei. Der Zusammenschluss sei nämlich eindeutig so konzipiert, „dass er die Mitglieder spaltet – und nicht eint. Das kann nicht in unserem Sinne sein“, so Petry. Die AfD sei zwar aus Protest zu anderen Parteien gegründet worden. Dennoch verstehe sich die Alternative eben nicht als Protestpartei. Petry: „Wir sollten dieses Wort deshalb auch nicht als Kampfbegriff verwenden.“ Ebenfalls wehrte sich die sächsische AfD-Landesvorsitzende gegen den Begriff „Fundamental-Opposition“, zeuge der doch eindeutig von mangelndem Interesse an einer parlamentarischen Arbeit – wie seinerzeit bei den Grünen. „Die AfD war immer schon eine Partei, die im bestehenden politischen System Mehrheiten verändern und eigene Mehrheiten erringen wollte“, hob Frauke Petry hervor.
Bernd Lucke bezeichnete die Gründungsphase der AfD inklusive der sehr positiven Ausgänge der jüngsten Landtags- und Bürgerschaftswahlen durchaus als erfolgreich. Mehrfach gestört durch Unmutsbekenntnisse und Buhrufe beklagte der Europaabgeordnete mangelnde Fortschritte: „Wir haben versucht, uns als alternative Kraft in allen relevanten Politikbereichen zu präsentieren. Das ist gut, und ich glaube, das ist der richtige Ansatz.“ Dem gegenüber prägten die Medien allerdings das Bild einer „Zwei-Themen-Partei“ von der AfD. Lucke: „Wir sind keine Alternative zu den Altparteien mit den Themen Euro und Europa sowie Migration, Zuwanderung, Islam und Integration.“ Dabei versagten die Altparteien bei diesen Themen. Und der AfD würde man Lösungen nicht zutrauen. „Wir sollten uns nicht der Versuchung hingeben, billige Stimmungen zu erzeugen“, unterstrich Lucke unter anhaltendem Applaus.
Als Gastgeber hatte NRW-Landesvorsitzender Marcus Pretzell (vormals Bielefeld) die Parteitagsteilnehmer begrüßt. Unter vereinzelten Pfiffen und Buhrufen unterstrich der Europaparlamentarier die Bedeutung der anstehenden Entscheidungen. Pretzell: „Es geht hier und heute um eine entscheidende Weichenstellung. Es geht um die Zukunft der AfD.“ Der Streit habe die Partei inhaltlich gelähmt, gespalten, ja zerrissen“, betonte der NRW-Sprecher. Vorherige Missfallenskundgebungen hatten sich am Ende seiner Rede in Wohlgefallen und frenetischen Applaus aufgelöst.
Als zweiter AfD-Bundessprecher fungiert nunmehr Jörg Meuthen (Baden-Württemberg), der 62 Prozent der Stimmen erhielt. Zum stellvertretenden Bundessprecher wählte der Bundesparteitag Alexander Gauland, AfD-Landeschef in Brandenburg (83,8 %), zur zweiten Stellvertreterin mit dem Traumergebnis von 86,7 % Beatrix von Storch (MdEP) aus Berlin und schließlich Albrecht Glaser, Landessprecher aus Hessen, der im zweiten Wahlgang 56,3 % der Stimmen errang.
Zu Beisitzern gewählt wurden Dirk Driesang (Bayern), Julian Flak (Hamburg), Armin Paul Hampel (Niedersachsen), Georg Pazderski (Bremen), André Poggenburg (Sachsen-Anhalt) sowie – last not least – die gebürtige Harsewinkelerin Dr. Alice Weidel (Niedersachsen). Als neuer Bundesschatzmeister hat von nun an Klaus-G. Fohrmann (Hamburg) Zeit, sich auszuzeichnen. Sein Vertreter ist Bodo Suhren (Osnabrück, Niedersachsen).
Die besten und herzlichsten Glückwünsche aus Ostwestfalen gelten Thomas Röckemann, Sprecher des Kreisverbandes Minden-Lübbecke. Neben ihm sitzen noch Eberhard Brett, Thomas Seitz (beide Baden-Württemberg), Claus Schülke (Hamburg), Alexander Heumann (Düsseldorf) sowie Christoph Wichardt (Niedersachsen).
AfD-Bezirkssprecher Udo Hemmelgarn (Harsewinkel) zog zum Abschluss des Mammut-Parteitags ein überwiegend positives Fazit. „Einziger Wermutstropfen ist die Tatsache, dass Nordrhein-Westfalen als bevölkerungsreichstes Bundesland und mit dem größtem AfD-Landesverband keinen Vertreter im Bundesvorstand hat. Darüber müssen sich der Landesvorstand und die Bezirksvorstände Gedanken machen“, so Hemmelgarn.